Solarthermie-Anlage als Heizungsunterstützung im Einfamilienhaus: Kosten, Nutzen und Praxis-Tipps
Nov, 7 2025
Stell dir vor, du zahlst jeden Winter weniger für Heizung, weil deine Sonne dir hilft. Kein Witz. In Österreich und Deutschland wird das immer mehr Realität - besonders bei Einfamilienhäusern mit gut isoliertem Dach. Eine Solarthermie-Anlage als Ergänzung zur bestehenden Heizung ist kein Luxus mehr, sondern eine kluge Investition für die Zukunft. Aber lohnt sie sich wirklich? Und was musst du genau wissen, bevor du sie installierst?
Wie funktioniert eine Solarthermie-Anlage wirklich?
Solarthermie ist nicht das Gleiche wie Photovoltaik. Während PV-Strom aus Sonnenlicht macht, erzeugt Solarthermie Wärme. Die Anlage hat Kollektoren auf dem Dach - meist Flach- oder Vakuumröhrenkollektoren - die die Sonne einfangen und die Wärme in einem Flüssigkeitskreislauf transportieren. Diese Flüssigkeit, meist ein Wasser-Glykol-Gemisch, fließt zum Speicher im Keller, gibt ihre Wärme ab und kühlt sich wieder ab. Dann geht’s zurück nach oben. Die Steuerung schaltet die Pumpe nur ein, wenn es sich lohnt: Wenn die Kollektoren wärmer sind als der Speicher, wird die Wärme gespeichert. Sonst bleibt sie ruhig.
Die Hauptaufgabe? Warmwasser. Bis zu 60 Prozent deines jährlichen Warmwasserbedarfs kannst du damit decken. Im Sommer oft sogar 100 Prozent. Die Heizungsunterstützung ist der zweite Job: Im Frühjahr und Herbst, wenn die Außentemperaturen zwischen 5 und 15 Grad liegen, kann die Solarthermie bis zu 30 Prozent der Heizwärme liefern. Im Winter? Da wird’s knapp. Die Sonne ist schwach, die Tage kurz. Aber mit einem großen Speicher und modernen Röhrenkollektoren kannst du auch im Dezember noch ein paar Grad im Haus halten.
Wie groß muss die Anlage für dein Haus sein?
Ein Einfamilienhaus mit vier Personen und 120 bis 150 Quadratmetern Wohnfläche braucht typischerweise 12 bis 18 Quadratmeter Kollektorfläche. Das ist etwa drei bis vier Quadratmeter pro Person. Wer nur Warmwasser will, kommt mit 10 bis 14 m² aus. Wer auch heizen möchte, braucht mindestens 16 m² - und einen großen Speicher.
Der Speicher ist das Herzstück. Ein Kombispeicher mit 1.000 Litern Fassungsvermögen ist die Standardlösung. Das entspricht etwa 50 Litern pro Quadratmeter Kollektorfläche. Ein kleinerer Speicher (z. B. 700 Liter) reicht nur für Warmwasser. Ein größerer (1.200-1.500 Liter) macht Sinn, wenn du auch im Winter Heizwärme aus der Sonne holen willst. Die Kollektoren selbst: Flachkollektoren sind günstiger, aber weniger effizient bei Kälte. Vakuumröhrenkollektoren sind teurer, aber bei -10 °C immer noch 60-70 Prozent effizient. In Österreich, wo die Winter kalt werden, lohnen sie sich oft mehr.
Die Ausrichtung ist entscheidend. Ideal ist Südausrichtung mit einem Neigungswinkel von 30 bis 60 Grad. Abweichungen nach Südosten oder Südwesten sind okay - du verlierst maximal 10 Prozent Ertrag. Nordseitige Dächer? Da lohnt sich Solarthermie nicht. Und wenn dein Dach schon voll mit PV-Modulen ist? Dann musst du abwägen. Solarthermie braucht Platz - und die beste Fläche ist oft die, die du jetzt schon für PV nutzt.
Kosten: Was kostet eine Solarthermie-Anlage?
Die Preise schwanken stark. Ein günstiges System mit Flachkollektoren und 12 m² Kollektorfläche kostet etwa 8.000 Euro. Ein hochwertiges System mit Vakuumröhren, 1.500-Liter-Speicher und digitaler Steuerung kann leicht 14.000 bis 18.000 Euro kosten. Hier eine Aufschlüsselung:
- Kollektoren (12-18 m²): 3.600-14.400 Euro (Flach: 300-500 €/m²; Röhren: 400-800 €/m²)
- Kombispeicher (1.000-1.500 Liter): 2.400-3.500 Euro
- Installation und Rohrleitung: 1.400-3.300 Euro
- Steuerung, Pumpen, Sicherheitstechnik: 800-1.500 Euro
Ein typischer Gesamtpreis für ein gut geplantes System: 10.000 bis 12.000 Euro. Das klingt viel - aber es gibt Förderung. Seit Januar 2024 zahlt das BAFA 2.700 Euro Zuschuss für eine Heizungsunterstützung. Das senkt die Kosten auf 7.300-9.300 Euro. Wer noch einen alten Öl- oder Gasheizkessel austauscht, kann unter Umständen sogar noch mehr bekommen - etwa über das Bundesförderprogramm für effiziente Gebäude (BEG).
Amortisation und Einsparungen: Wann lohnt sich das?
Wie lange dauert es, bis du die Investition zurückverdienst? Die Antwort: zwischen 10 und 15 Jahren. Das ist schneller als bei PV mit Wärmepumpe, aber langsamer als bei einer reinen Wärmepumpe. Warum? Weil Solarthermie nur Wärme liefert - und die ist teurer pro Kilowattstunde als Strom, den du mit PV erzeugst.
Im Durchschnitt spart eine Solarthermie-Anlage in einem Einfamilienhaus 400 bis 600 Euro pro Jahr an Heizkosten. Das kommt von:
- 30-60 % Warmwasserersparnis (Gas oder Öl)
- 10-35 % Heizwärmeersparnis (vor allem im Frühjahr und Herbst)
Bei Gaspreisen von 7 Cent pro kWh und einem jährlichen Verbrauch von 15.000 kWh Heizenergie ergibt das eine Einsparung von etwa 1.500-2.000 Euro - aber nur wenn du 100 % deinen Heizbedarf abdecken könntest. Das geht nicht. Mit Solarthermie deckst du maximal 30-35 % des Heizbedarfs ab. Also: 400-600 Euro realistisch. Mit der Förderung von 2.700 Euro sinkt die Amortisationszeit auf 8-12 Jahre. Und wenn du die Anlage 20 Jahre nutzt? Dann hast du 8.000-12.000 Euro eingespart - und die Sonne hat nichts gekostet.
Die besten Hersteller und was du kaufen solltest
In Österreich und Deutschland dominieren drei deutsche Marken: Viessmann, Vaillant und Bosch Thermotechnik. Sie bieten zuverlässige Systeme mit guter Garantie (meist 10 Jahre auf Kollektoren, 5 Jahre auf Speicher). Aber seit 2022 kommen chinesische Anbieter wie SunEarth mit günstigen Vakuumröhrenkollektoren (ab 400 €/m²) auf den Markt. Die Qualität ist nicht immer gleich - aber viele kleinere Installateure setzen sie erfolgreich ein.
Was du wirklich brauchst: Ein System mit digitaler Steuerung. Die neuesten Modelle von Vaillant (SolarConnect) oder Viessmann (Vitotronic) nutzen Wetterdaten, um die Pumpe optimal zu steuern. Ein unabhängiger Test des Fraunhofer ISE (April 2024) zeigte: Diese Systeme steigern den Ertrag um 12-15 Prozent. Das ist kein Luxus - das ist Pflicht, wenn du die Anlage richtig nutzen willst.
Vermeide billige Systeme ohne Temperaturfühler, Druckregler und Frostschutzüberwachung. Die Kostenersparnis am Anfang zahlt sich später in Reparaturen aus. Ein kaputter Sensor oder veralteter Frostschutz kostet 800-1.200 Euro - und die Anlage steht dann still.
Praxis-Tipps: Was Nutzer wirklich erleben
Im Forum Heizungsbau.de berichtet ein Nutzer aus München: Seine 12 m²-Anlage mit 1.000-Liter-Speicher deckt 32 % des Heizwärmebedarfs. Jährlich spart er 420 Euro. Kein Wunder - sein Haus ist gut gedämmt, die Kollektoren sind perfekt ausgerichtet. Ein anderer Nutzer aus Berlin klagt: Seine Anlage lieferte im Winter kaum etwas, und die Steuerung brach nach drei Jahren zusammen. Reparatur: 950 Euro. Kein Einzelfall.
Die Stiftung Warentest gab Solarthermie 2023 die Note „gut“ (2,3), aber kritisierte: „Hohe Abhängigkeit von der Dachlage“. Die meisten Probleme? Luft im System (23 % der Serviceanfragen) und veralteter Frostschutz (17 %). Beides lässt sich vermeiden: Jährlich den Druck prüfen, alle 5-7 Jahre das Glykol wechseln. Das kostet 150-300 Euro - aber verhindert 1.000 Euro Reparatur.
Die Zufriedenheitsrate ist hoch: 78 % der Nutzer sind laut BSW-Solar zufrieden. Aber 63 % finden die Anschaffungskosten zu hoch. Das ist verständlich. Aber mit Förderung und langfristiger Einsparung ist es kein Luxus - es ist eine kluge Heizungsmodernisierung.
Was ist besser: Solarthermie, PV mit Wärmepumpe oder nur Wärmepumpe?
Diese Frage stellen sich alle, die heizen wollen. Hier die klare Antwort: Es hängt von deinem Ziel ab.
- Solarthermie: Beste Lösung für Warmwasser. Gute Heizungsunterstützung im Übergangsjahr. Hohe Effizienz bei direkter Wärmegewinnung. Aber: Keine Heizung im tiefen Winter. Hohe Anfangskosten.
- Photovoltaik + Wärmepumpe: Flexibler. Du erzeugst Strom, der auch für die Wärmepumpe nutzt. Deckt Heizung und Warmwasser ab. Bessere Wirtschaftlichkeit: 8-10 Cent pro kWh. Aber: Hohe Investition (Wärmepumpe allein kostet 15.000-25.000 Euro).
- Nur Wärmepumpe: Beste Jahresleistung. Aber: Abhängig vom Strompreis. Keine Sonnenenergie nutzt. Keine direkte Wärme aus der Sonne.
Wenn du nur Warmwasser willst: Solarthermie ist die beste Wahl. Wenn du komplett fossilfrei heizen willst: PV + Wärmepumpe ist der Weg. Aber: Solarthermie ist die einfachste Ergänzung zur bestehenden Heizung. Du musst deinen Kessel nicht austauschen. Du baust nur etwas dazu - und hast sofort mehr Unabhängigkeit.
Installation: Was du vorher prüfen musst
Bevor du unterschreibst, prüfe:
- Dachfläche: Mindestens 20 m² freie, unbeschattete Fläche. Keine Schornsteine, Lüftungsschächte oder Bäume im Weg.
- Dachtragfähigkeit: Kollektoren wiegen 20-25 kg/m². Dein Dach muss das tragen. Ein Statiker sagt dir, ob es reicht.
- Heizungskeller: Platz für den Speicher (1.000-1.500 Liter). Mindestens 1,20 m Breite, 2 m Länge.
- Heizungsanlage: Muss mit einem Kombispeicher kompatibel sein. Bei alten Heizungen: Prüfen, ob der Anschluss passt.
- Genehmigung: In Österreich brauchst du keine Baugenehmigung, wenn die Kollektoren nicht über das Dach hinausragen. In Deutschland: Je nach Bundesland. In Baden-Württemberg: 2 Wochen. In NRW: bis zu 8 Wochen.
Die Installation dauert 2-3 Tage. Ein guter Installateur bringt alles mit - Kollektoren, Speicher, Rohre, Steuerung. Du musst nur zuhause sein, um den Strom- und Heizungsanschluss zu freizugeben.
Die Zukunft: Was kommt als Nächstes?
Die Forschung geht weiter. Am Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW) arbeiten Wissenschaftler an saisonalen Wärmespeichern mit Phase-Change-Materialien. Das sind Stoffe, die bei bestimmten Temperaturen Wärme speichern - wie ein riesiger Thermoskan. Ziel: Bis 2026 soll die Winterdeckungsquote von 10 % auf 25-30 % steigen. Das wäre ein Durchbruch.
Auch die Digitalisierung schreitet voran. Apps wie SolarConnect zeigen dir jetzt, wie viel Wärme du heute gespeichert hast - und wie viel du morgen erwarten kannst. Du kannst sogar die Heizung vorher steuern, wenn die Sonne stark ist. Das ist kein Science-Fiction - das ist heute schon möglich.
Die Kritik bleibt: Prof. Dr. Claudia Kemfert vom DIW sagt, Solarthermie sei eine „technologische Sackgasse“, weil PV mit Wärmepumpe günstiger ist. Sie hat recht - aber nur, wenn du von null anfängst. Wenn du schon eine Heizung hast, ist Solarthermie die einfachste, schnellste und effizienteste Ergänzung. Du musst nicht alles neu machen. Du baust nur etwas hinzu. Und du nutzt die Sonne, die dir gratis zur Verfügung steht.
Frequently Asked Questions
Lohnt sich eine Solarthermie-Anlage wirklich im Einfamilienhaus?
Ja, wenn du hauptsächlich Warmwasser sparen willst und ein gut isoliertes Haus hast. Mit der BAFA-Förderung von 2.700 Euro amortisiert sich eine Anlage in 8-12 Jahren. Die Einsparung liegt bei 400-600 Euro pro Jahr. Im Winter hilft sie nur begrenzt - aber im Frühjahr und Herbst deckt sie bis zu 35 % des Heizbedarfs. Für Warmwasser ist sie die effizienteste Lösung.
Wie viel Platz braucht eine Solarthermie-Anlage?
Für ein Einfamilienhaus mit vier Personen brauchst du 12-18 Quadratmeter Kollektorfläche auf dem Dach. Der Speicher im Keller benötigt etwa 1,20 x 2 Meter Platz. Ein 1.000-Liter-Kombispeicher passt meist in einen normalen Heizungskeller. Die Kollektoren selbst sind nur 2-3 cm dick - sie nehmen kaum Raum ein.
Welche Kollektoren sind besser: Flach- oder Vakuumröhren?
Vakuumröhrenkollektoren sind effizienter, besonders im Winter oder bei kühlem Wetter. Sie arbeiten bei -10 °C noch mit 60-70 % Wirkungsgrad. Flachkollektoren sind günstiger, aber verlieren bei Kälte deutlich an Leistung. In Österreich, wo die Winter kalt werden, sind Röhrenkollektoren die bessere Wahl - auch wenn sie 20-30 % teurer sind.
Was kostet die Wartung einer Solarthermie-Anlage?
Die jährliche Kontrolle des Drucks und der Frostschutzkonzentration kostet etwa 100-150 Euro. Alle 5-7 Jahre muss das Glykol ausgetauscht werden - das kostet 200-300 Euro. Ein kompletter Service alle drei Jahre liegt bei 400-600 Euro. Das ist günstiger als die Reparatur einer defekten Steuerung oder eines eingefrorenen Rohres - die kann 800-1.200 Euro kosten.
Kann ich Solarthermie mit Photovoltaik kombinieren?
Ja, aber nicht auf demselben Dachbereich. Solarthermie braucht direkte Sonne für Wärme, PV braucht direkte Sonne für Strom. Wenn dein Dach groß genug ist, kannst du auf der einen Seite Kollektoren und auf der anderen Seite PV-Module installieren. Die Systeme arbeiten unabhängig. Du sparst mit Solarthermie Heizkosten, mit PV Stromkosten - und nutzt beide Energieformen optimal.
Was kommt als Nächstes?
Wenn du jetzt denkst: „Das ist genau das, was ich brauche“, dann fang mit einem Energieberater an. Lass dich beraten - nicht von einem Verkäufer, sondern von einem unabhängigen Experten. Prüfe, ob dein Dach geeignet ist, wie viel Förderung du bekommst und ob dein Heizungskeller Platz hat. Dann entscheidest du - nicht aus Angst vor Kosten, sondern aus Verständnis. Solarthermie ist keine Wunderwaffe. Aber sie ist eine der wenigen Technologien, die dir heute schon echte Unabhängigkeit von Gas und Öl gibt. Und das, ohne dass du dein Haus umbauen musst.
Rodrigo Ludwig
November 7, 2025 AT 13:20Solarthermie ist der letzte Schrei in Deutschland, aber wer hat schon ein Dach, das nicht von Bäumen beschattet wird? Ich hab’s versucht – drei Jahre lang nur kaltes Wasser im Sommer, weil die Kollektoren im Schatten standen. Kein Wunder, dass die Leute dann sagen: ‘Warum nicht gleich eine Wärmepumpe?’