Preisverhandlung um Kaufnebenkosten: Wer zahlt was beim Immobilienkauf in Deutschland?

Preisverhandlung um Kaufnebenkosten: Wer zahlt was beim Immobilienkauf in Deutschland? Nov, 10 2025

Beim Immobilienkauf in Deutschland denkt fast jeder an den Kaufpreis. Doch was viele vergessen: Der Preis, den du auf dem Papier siehst, ist nur die Hälfte der Wahrheit. Die Kaufnebenkosten können leicht 10 bis 15 Prozent des Kaufpreises ausmachen. Bei einer Immobilie für 300.000 Euro bedeutet das: Du musst zusätzlich 30.000 bis 45.000 Euro aufbringen. Das ist kein kleiner Betrag - das ist der Unterschied zwischen einem erfolgreichen Kauf und einer finanziellen Überraschung, die dich Jahre belastet.

Was genau zählt zu den Kaufnebenkosten?

Kaufnebenkosten sind keine willkürlichen Gebühren. Sie sind gesetzlich festgelegt und bestehen aus drei Hauptposten: Grunderwerbsteuer, Notar- und Grundbuchkosten sowie Maklerprovision. Jeder dieser Posten hat seine eigene Logik, und du musst sie verstehen, um richtig zu verhandeln.

Die Grunderwerbsteuer ist der größte Posten. Sie wird vom Bundesland bestimmt und liegt zwischen 3,5 % und 6,5 %. In Bayern und Sachsen zahlst du nur 3,5 %. In Nordrhein-Westfalen, Brandenburg oder Berlin sind es 6,5 %. Das ist kein Zufall - das ist ein Unterschied von 3 Prozentpunkten. Bei einem Haus für 400.000 Euro sparest du in Bayern 12.000 Euro gegenüber NRW. Das ist mehr als ein kleiner Gebrauchtwagen.

Die Notar- und Grundbuchkosten liegen bei etwa 1,5 bis 2 % des Kaufpreises. Hier wird nicht nach Lust und Laune gerechnet, sondern nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG). Je höher der Kaufpreis, desto mehr kostet der Notar. Ein Vertrag für 500.000 Euro kostet nicht doppelt so viel wie einer für 250.000 Euro - aber fast 1,8-mal so viel. Diese Kosten sind nicht verhandelbar, aber sie sinken, wenn du den Kaufpreis senkst. Das ist ein entscheidender Punkt.

Die Maklerprovision hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Seit dem 23. Dezember 2020 muss sie zwischen Käufer und Verkäufer zu gleichen Teilen getragen werden. Das bedeutet: Wenn der Makler 6 % verlangt, zahlt jeder 3 %. Vorher war der Käufer oft allein verantwortlich. Heute ist das Gesetz auf deiner Seite. Aber: Viele Verkäufer versuchen, das zu umgehen. Sie bieten ein niedrigeres Angebot, verlangen aber, dass du die gesamte Provision übernimmst. Das ist rechtlich fragwürdig - aber oft praktisch.

Warum du den Kaufpreis verhandeln musst - und wie es die Nebenkosten senkt

Ein häufiger Fehler: Käufer denken, sie verhandeln nur den Kaufpreis. Aber sie vergessen: Jeder Euro, den du vom Preis abschlägst, senkt auch die Nebenkosten. Die Grunderwerbsteuer, die Notarkosten - alles ist prozentual berechnet. Wenn du den Preis von 400.000 auf 370.000 Euro senkst, sparest du nicht nur 30.000 Euro Kaufpreis. Du sparest auch 1.050 Euro Grunderwerbsteuer (bei 3,5 %) und 450 Euro Notarkosten (bei 1,5 %). Das sind insgesamt 31.500 Euro Ersparnis - nicht nur 30.000.

Das ist der doppelte Effekt. Und er ist entscheidend. Viele Finanzberater sagen: „Wenn du den Preis um 5 % senkst, sparst du insgesamt 5,5 bis 6 % an Gesamtkosten.“ Das ist kein Marketing-Gag. Das ist Mathematik. Und es ist der stärkste Hebel, den du hast.

Ein echter Fall aus der Praxis: Ein Käufer in Leipzig wollte ein Haus für 380.000 Euro kaufen. Der Verkäufer weigerte sich, den Preis zu senken. Der Käufer ließ ein Gutachten erstellen und fand drei Mängel: Undichte Dachrinne, veraltete Heizung, fehlende Isolierung. Die Reparaturkosten lagen bei 22.000 Euro. Er bot 358.000 Euro - und der Verkäufer willigte ein. Die Ersparnis: 22.000 Euro Kaufpreis. Und mit den Nebenkosten: 2.500 Euro weniger Grunderwerbsteuer, 330 Euro weniger Notarkosten. Gesamtspare: 24.830 Euro. Das ist kein Glück. Das ist Strategie.

Wer zahlt was - und wie du das verhandeln kannst

Die Gesetze sagen: Grunderwerbsteuer zahlt der Käufer. Notarkosten zahlt der Käufer. Maklerprovision teilen sich beide. Aber in der Realität ist das oft anders. Verkäufer nutzen ihre Marktmacht. Sie sagen: „Ich gebe dir 10.000 Euro Rabatt, aber du zahlst die gesamte Maklerprovision.“ Das ist ein Trick. Du musst das durchschauen.

Ein guter Ansatz: Verlange, dass der Verkäufer die Maklerprovision komplett übernimmt. Das ist rechtlich erlaubt - und viele Verkäufer sind bereit, das zu tun, besonders wenn die Immobilie länger auf dem Markt steht. Bei einem Preis von 350.000 Euro und 5 % Provision bedeutet das: 17.500 Euro, die du nicht zahlen musst. Das ist mehr als die Grunderwerbsteuer in einem Bundesland mit 3,5 %.

Ein weiterer Trick: Biete an, die Grunderwerbsteuer zu übernehmen - aber nur, wenn der Verkäufer die Notarkosten übernimmt. Das ist ungewöhnlich, aber möglich. Einige Verkäufer, besonders bei Sanierungsobjekten, sind froh, wenn du die Verwaltungskosten übernimmst. Sie wollen schnell verkaufen. Sie zahlen lieber die Notarkosten als monatelang auf einen Käufer zu warten.

Wichtig: Verhandele nicht nur den Preis. Verhandele die Aufteilung der Kosten. Frag konkret: „Wenn Sie den Preis um 15.000 Euro senken, übernehmen Sie dann auch die komplette Maklerprovision?“ Oder: „Können wir die Notarkosten aufteilen? Ich zahle 60 %, Sie 40 %?“ Die meisten Verkäufer erwarten nicht, dass du das fragst. Und wenn du es tust, hast du oft schon gewonnen.

Haus aus Euro-Münzen mit drei Kostenkomponenten, die abfallen, als der Kaufpreis sinkt.

Wie du dich auf die Verhandlung vorbereitest

Verhandeln ohne Vorbereitung ist wie Autofahren mit blinden Augen. Du brauchst drei Dinge: ein Gutachten, einen Marktvergleich und ein Finanzierungsangebot.

Erstens: Lass dir ein Vergleichswertgutachten erstellen. Das kostet 300 bis 500 Euro - aber es ist dein stärkstes Argument. Es zeigt: „Dieses Haus ist 12 % unter dem Marktwert.“ Oder: „Dieses Haus ist 8 % über dem Marktwert.“ Das gibt dir Macht. Ohne dieses Gutachten hast du keine Grundlage. Nur eine emotionale Aussage wie „Ich finde es zu teuer“ zählt nicht.

Zweitens: Sammle mindestens drei ähnliche Immobilien in der gleichen Straße oder Nachbarschaft. Vergleiche Preis, Zustand, Größe, Ausstattung. Nutze Immobilienportale wie Immobilienscout24 oder Immowelt. Notiere: „Haus A: 380.000 Euro, 2010 gebaut, Dach sanierungsbedürftig. Haus B: 365.000 Euro, 2005 gebaut, neue Heizung.“ Das ist dein Beweis.

Drittens: Hole ein Finanzierungsangebot von deiner Bank. Zeige dem Verkäufer: „Ich kann die 370.000 Euro sofort bezahlen - aber nur, wenn der Preis stimmt.“ Das macht dich attraktiv. Viele Verkäufer wollen schnelle, sichere Käufer - nicht jemanden, der monatelang nach einem Kredit sucht.

Ein 5-Schritte-Plan hilft dir dabei:

  1. Ermittle deinen maximalen Preis - inklusive aller Nebenkosten.
  2. Finde drei vergleichbare Objekte und notiere deren Preise.
  3. Erstelle ein Gutachten - oder lass es erstellen.
  4. Identifiziere alle Mängel und schätze die Reparaturkosten.
  5. Formuliere ein konkretes Angebot: „Ich kaufe für 365.000 Euro - und Sie übernehmen die Maklerprovision.“

Was du vermeiden musst

Die häufigsten Fehler bei der Preisverhandlung:

  • Die Nebenkosten ignorieren. Du denkst, du sparst 20.000 Euro beim Preis - aber vergisst, dass du dann 1.500 Euro mehr Grunderwerbsteuer zahlst. Das ist kein Sparplan - das ist ein Verlust.
  • Verkäufer mit Emotionen beeinflussen. „Ich liebe dieses Haus“ - das ist kein Verhandlungstaktik. Das ist eine Schwäche. Verkäufer wissen das. Sie nutzen es.
  • Kein Gutachten haben. Ohne Zahlen hast du keine Macht. Keine Rechnung, keine Argumente.
  • Die Maklerprovision ignorieren. Du denkst, sie ist fest. Aber sie ist verhandelbar. 68 % der Makler sind bereit, darüber zu reden - laut IVD 2023.
  • Die Finanzierung vergessen. Du verhandelst erfolgreich - aber deine Bank sagt nein. Dann hast du alles verloren. Hole dein Angebot vor der Verhandlung.
Käufer mit Lupe vor Immobilienvertrag, umgeben von finanziellen Symbolen und Checkliste.

Was kommt als Nächstes? Die Zukunft der Kaufnebenkosten

Die Grunderwerbsteuer könnte sich bald ändern. Die Bundesregierung prüft eine bundeseinheitliche Regelung von 5 %. Das wäre ein großer Schritt für Käufer in NRW und Berlin. Aber es könnte auch bedeuten: höhere Steuern in Bayern und Sachsen. Die Debatte läuft.

Die Notarkosten steigen langsam - wegen digitaler Systeme und mehr Bürokratie. Die Maklerprovision bleibt stabil - aber die Verhandlungsdynamik nimmt zu. Laut IVD verhandeln heute mehr als 70 % der Käufer aktiv über die Kosten. Und mehr als 50 % haben Erfolg.

Die Zukunft gehört den Käufern, die sich informieren. Nicht denjenigen, die den Preis akzeptieren, den der Verkäufer nennt. Du bist nicht hilflos. Du hast Werkzeuge. Du hast Gesetze auf deiner Seite. Und du hast die Macht, zu verhandeln - nicht nur den Preis, sondern die gesamte Kostenstruktur.

Frequently Asked Questions

Wie hoch sind die Kaufnebenkosten bei einem Haus für 300.000 Euro?

Bei einem Kaufpreis von 300.000 Euro liegen die Kaufnebenkosten typischerweise zwischen 30.000 und 45.000 Euro. Das hängt vom Bundesland ab: Bei 3,5 % Grunderwerbsteuer (z. B. Bayern) sind es etwa 30.000 Euro, bei 6,5 % (z. B. Nordrhein-Westfalen) bis zu 45.000 Euro. Dazu kommen 1,5-2 % Notarkosten und je nach Vereinbarung 1,5-3 % Maklerprovision (wenn du die Hälfte trägst).

Darf der Verkäufer die gesamte Maklerprovision von mir verlangen?

Nein, das ist nicht erlaubt. Seit dem 23. Dezember 2020 muss die Maklerprovision laut Gesetz zu gleichen Teilen zwischen Käufer und Verkäufer getragen werden. Wenn der Verkäufer verlangt, dass du die gesamte Provision zahlst, ist das rechtswidrig. Du kannst das ablehnen - oder als Verhandlungsposten nutzen: „Ich akzeptiere den Preis nur, wenn Sie die gesamte Provision übernehmen.“

Kann ich die Grunderwerbsteuer verhandeln?

Nein, die Grunderwerbsteuer ist gesetzlich festgelegt und wird vom Finanzamt erhoben. Du kannst sie nicht direkt verhandeln. Aber du kannst den Kaufpreis senken - und damit die Steuer indirekt reduzieren. Jeder Euro weniger Kaufpreis = weniger Grunderwerbsteuer. Das ist dein einziger Hebel.

Warum ist ein Vergleichswertgutachten so wichtig?

Ein Vergleichswertgutachten zeigt objektiv, wie viel eine Immobilie wirklich wert ist - basierend auf echten Verkaufsdaten in deiner Umgebung. Ohne dieses Gutachten hast du keine Grundlage für eine Preisverhandlung. Verkäufer ignorieren Emotionen. Sie reagieren auf Zahlen. Ein Gutachten gibt dir diese Zahlen - und macht dich zu einem ernsthaften Käufer.

Sollte ich einen Finanzberater hinzuziehen?

Ja, besonders wenn du unsicher bist. Die Verbraucherzentrale bestätigt: Käufer, die einen unabhängigen Finanzberater hinzuziehen, haben 35 % weniger Probleme mit der Finanzierung. Der Berater hilft dir nicht nur bei der Kreditberechnung - sondern auch dabei, die Kaufnebenkosten korrekt einzuschätzen und dein Angebot strategisch zu formulieren.

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